Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums im Gespräch mit Zeitzeugin des Holocaust

Das schreckliche Geschehen der Jahre 1933-1945 ist jedem bekannt.
Was Geschichtsbücher und -unterricht jedoch nur schwer vermitteln können, das sind die vielen einzelnen Erlebnisse, die jüdische Familien im Deutschland des Nazi-Terrors erleiden mussten. Erst im Gespräch mit Betroffenen wird deutlich, was diese Ereignisse für sie konkret bedeuteten.
Mit den Schülerinnen und Schülern des Einstein-Gymnasiums sprach Eva Breckenridge über die Erlebnisse ihrer Familie während der Nazi-Zeit. Zum Gespräch in der Aula des Einstein-Gymnasiums eingeladen hatte sie Frau Meier, die Leiterin der Israel-AG.
Frau Breckenridge, die Tochter des in Herzebrock geborenen Dr. Julius Stern ist mit ihrer Familie zu Besuch in Deutschland, um den Spuren ihrer Vorfahren zu folgen.
1938 ist sie mit ihrer Familie in die USA ausgewandert. Ihre Familie lebte zunächst in Herezbrock, später in Bad Kreuznach, ihr Vater war Besitzer einer Strumpffabrik. Zunächst berichtete Frau Breckenridge von dem, was Familienmitglieder in der Reichspogromnacht in Rheda erleiden mussten: das Haus ihres Großonkels Louis Stern vom Bödingsweg wurde von Nazis zerstört; Onkel und Tante wurden – nur mit dem Nachthemd bekleidet durch die Stadt gejagt; sie suchten Schutz in der Clemenskirche – vergeblich. Schließlich fanden sie Aufnahme im Krankenhaus, wo die Nonnen sie und weitere Juden aufnahmen.
Im Glauben dort in Sicherheit zu sein, war Evas Großmutter, Henriette Stern, nach Holland geflohen; sie hatte ebenfalls ein Visum für die Flucht in die USA beantragt; das erhielt sie am 20 Mai 1940. Doch da lebte sie bereits nicht mehr: fünf Tage zuvor hatte sie sich beim Einmarsch der Deutschen in Holland das Leben genommen.
Eva hatte das große Glück, mit den Eltern vor den Nazis nach Amerika fliehen zu können. Über die Auswanderung hörten die Schüler Unvorstellbares: So musste die Familie, als sie auswanderte, ihren gesamten Besitz zurücklassen, auch Geld durfte sie nicht mitnehmen. Die zu zahlende Reichsfluchtsteuer entsprach etwa dem Wert eines Hauses. So war die Familie gezwungen, ihr Haus und ihr Auto zu verkaufen, und dies weit unter Wert!
Um nicht völlig mittellos dazustehen, habe die Mutter versucht, wenigstens etwas Geld zu retten, indem sie es in einem Teddybären versteckte. Dieses Versteck sei jedoch während der Flucht in Vergessenheit geraten und erst sehr viel später in den USA habe die Familie es wiedergefunden.

Ein anderes Detail stieß bei den Einsteinern ebenfalls auf großes Interesse:
Evas Vater hatte ihr erzählt, - und das hat er in seinen Memoiren genau beschrieben- dass er einmal, noch in Herzebrock wohnend, dort in den Zug Richtung Berlin gestiegen sei. Nachdem er Platz genommen hatte erkannte er in seinem Gegenüber Albert Einstein, angezogen wie ein verrückter Professsor, mit Wollsocken, Stiefeln, Cut, dazu sein langes weißes Haar. Es muss eine sehr interessante Unterhaltung zwischen den beiden stattgefunden haben.
So wissen die Einsteiner also dank Dr. Julius Stern, dass der Namensgeber der Schule, (selber ja auch Jude) mit Sicherheit einmal in Rheda gewesen sein muss – und sei es auch nur im Zug!

Zahlreiche Einzelheiten erfuhren die Schüler im Gespräch mit Frau Breckenridge und ihrer Familie, der es wichtig ist, nicht nur an die vergangene Vertreibung zu erinnern, sondern auch zu zeigen, dass man heute die Augen nicht vor Verfolgung verschließen dürfe. „Es hat mir gut getan zu sehen, wie interessiert die jungen Leute waren“, sagte Eva Breckenride zum Abschluss.

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